Ad-hoc-Befragung: Schlechte Arbeitsbedingungen in der ambulanten Versorgung

Hamburg, 11. Oktober 2022 – Die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Gesundheitsversorgung machen derzeit vielen Gruppen schwer zu schaffen: Mehr als ein Drittel der Hausärzt:innen, Hebammen/Geburtshelfer, Zahnärzt:innen und Fachärzt:innen empfindet die derzeitigen Bedingungen als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Bei den Apotheker:innen ist es sogar mehr als jede:r Zweite. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Ad-hoc-Umfrage aus der Reihe „Im Fokus“, mit der die Stiftung Gesundheit Themen beleuchtet, die Ärzt:innen und Heilberufler:innen bewegen.

Nur zwei von zehn Behandlergruppen überwiegend zufrieden

Portrait Studienleiter Prof. Obermann lächelnd
Hier lesen Sie den gesamten Kommentar von Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Konrad Obermann zur Ad-hoc-Befragung.

Die Ergebnisse sind ernüchternd: Lediglich zwei der zehn befragten Gruppen – die Heilpraktiker:innen und die Psychologischen Psychotherapeut:innen – nehmen ihre Arbeitsbedingungen überwiegend als positiv wahr. In allen anderen Berufsgruppen zeigt sich die Lage erheblich verbesserungsbedürftig: „Bereits bei den Logopäden auf dem drittenRang liegt der Anteil der positiven Wahrnehmung nur noch bei einem Drittel“, berichtet Prof. Dr. med. Dr. rer. pol Konrad Obermann, Forschungsleiter der Stiftung Gesundheit. „Und bei den Apothekern am Ende der Skala sind es nicht einmal mehr zehn Prozent.“

Belastende Faktoren: Administration, Technik/Digitalisierung und unzureichende Vergütung

Die Gründe für die Unzufriedenheit unterscheiden sich von Gruppe zu Gruppe: Während Ärzt:innen vor allem die Administration und den Aufwand für Technik bzw. Digitalisierung kritisieren, steht für die nichtärztlichen Heilberufler:innen die unzureichende Vergütung mit Abstand an erster Stelle. Und Apotheker:innen fühlen sich sowohl von Administration als auch mangelnder Vergütung sowie sich ständig ändernden Regularien von Krankenkassen  belastet.

Warnsignal erfordert rasches Handeln

„Unabhängig von den Ursachen sind die in der Studie ermittelten Werte ein Warnsignal, das wir unbedingt ernst nehmen sollten“, betont Prof. Obermann: „Genervte Praxisinhaber und unzufriedenes Personal sind nicht so leistungsfähig, machen mehr Fehler, sind stärker vom Burnout bedroht und führen letztlich zu schlechteren Ergebnissen in der Gesundheitsversorgung.“ Umso wichtiger sei es, die Sorgen und Interessen der Beschäftigten im Gesundheitswesen wahrzunehmen und rasch zu handeln: „Die aktuelle Finanzkrise im System der gesetzlichen Krankenversicherung kann in diesem Zusammenhang als Chance verstanden werden, eine Kurskorrektur mit einer entsprechenden Umverteilung von Mitteln vorzunehmen“, empfiehlt Prof. Obermann. Zwar sei es aufgrund der Vielschichtigkeit der gewachsenen Strukturen schwierig, grundlegende Veränderungen umzusetzen: „Aber kleinteilige, sukzessive Änderungen basierend auf einem strategischen Gesamtplan wären durchaus denkbar.“

Über die Reihe „Im Fokus“

Mit den Ad-hoc-Befragungen aus der Reihe „Im Fokus“ beleuchtet die Stiftung Gesundheit seit Anfang 2022 in jedem Quartal ein Thema,  das Ärzt:innen und Heilberufler:innen in der ambulanten Versorgung aktuell bewegt. An der Befragung im 3. Quartal 2022 nahmen 1.461 Leistungserbringer:innen teil. Die Antwortquote lag bei 5,5 Prozent.

Über die Stiftung Gesundheit

Wissen ist die beste Medizin – angespornt von diesem Gedanken setzt sich die Stiftung Gesundheit mit Sitz in Hamburg bundesweit und unabhängig für Transparenz und Orientierung im Gesundheitswesen ein.

Neben ihren satzungsgemäßen Aufgaben führt die Stiftung Gesundheit kontinuierlich Studien durch, wie etwa seit 2005 die Studienreihe „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“. Dabei erfasst die Stiftung Stimmung, Meinungen und Erfahrungen der Ärzteschaft und liefert Forschungsergebnisse zu aktuellen Fragestellungen.

Als Basis für zahlreiche Services dient das Strukturverzeichnis der medizinischen Versorgung, das die Stiftung mit großer Sorgfalt aktuell hält. Ebenso nutzen zahlreiche Lizenzpartner das Strukturverzeichnis – darunter Medienunternehmen, gesetzliche und private Krankenversicherungen, Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen.

Die Studie finden Sie zum Download auf unserer Website in der Rubrik „Studien“.

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