Im Fokus 2. Quartal 2024: Könnten Apotheker Arztpraxen entlasten?

Hamburg, 18. Juli 2024 – Fast 60 Prozent der Apotheker sind der Meinung, dass sie bei bestimmten fest definierten Erkrankungen eigenständig Diagnosen stellen und verschreibungspflichtige Medikamente herausgeben dürfen sollten, um Arztpraxen zu entlasten. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten Ausgabe der Befragungsreihe „Im Fokus“, die die Stiftung Gesundheit in ihrem Stiftungsbrief vorgestellt hat.

Positive Erfahrungen aus England: Mehr Handlungsspielraum kann Arztpraxen entlasten

„Angesichts der zunehmenden Überlastung der Arztpraxen sind wir bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen“, sagt Jan Reuter, Apotheker und Beirat im Landesapothekerverband Baden-Württemberg, in seinem Kommentar zu den Ergebnissen der Stiftung. Eine Erweiterung des Handlungsspielraums könne die Ärzteschaft signifikant entlasten und die Gesundheitsversorgung verbessern. In England dürfen Apotheker seit Ende Januar verschreibungspflichtige Medikamente bei Nasennebenhöhlenentzündungen, Hals- und Ohrenschmerzen, infizierten Insektenstichen, Hautausschlag, Gürtelrose und unkomplizierten Harnwegsinfekten bei Frauen unter 65 Jahren auch ohne Arztbesuch abgeben.

Jan Reuter, Inhaber der Central-Apotheke Walldürn, Beirat im Landesapothekerverband Baden-Württemberg

Apotheker sind bereit, mehr zu tun – von Medikationsmanagement bis zu Präventionsangeboten

Apotheker würden gerne weitere Dienstleistungen anbieten und honoriert bekommen – zum Beispiel erweiterte Medikationsmanagement-Programme, mit denen sich Fehler vermeiden und Therapieergebnisse verbessern lassen (83,4 Prozent). 71,6 Prozent halten es für sinnvoll, dass sie regelmäßig benötigte Arzneimittel wie beispielsweise die Anti-Baby-Pille auch ohne wiederkehrendes Rezept aushändigen dürfen.

Zwei Drittel der Apotheker möchten zudem im Bereich Prävention mehr Aufgaben übernehmen, um gesunde Lebensgewohnheiten zu fördern. Und jeder Zweite würde Patientenschulungen und Gesundheits-Workshops anbieten. Jeweils etwa 40 Prozent nannten Beratungsleistungen für Demenzpatienten und deren Familien bzw. zur Verbesserung der psychischen Gesundheit.

Apotheker Jan Reuter: „Wir sind bereit, mehr zu tun!“

„Durch Medikationsmanagement, Prävention und Gesundheitsberatungen können wir nicht nur den Ärztemangel kompensieren, sondern auch die Patientenversorgung effizienter gestalten.“ Reuter ist sicher: Die Bereitschaft und das Engagement der Apotheker sind vorhanden. „Nun ist es an der Zeit, ihnen das Vertrauen und die Unterstützung zu geben, die sie verdienen. Ohne uns geht es nicht – wir sind bereit, mehr zu tun.“

Über die Ad-hoc-Befragungsreihe „Im Fokus“ 

Seit Anfang 2022 befragt die Stiftung Gesundheit einmal im Quartal die Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung – je nach Thema ärztliche und/oder nichtärztliche – zu einem aktuellen Fokusthema. An der Befragung im 2. Quartal 2024 nahmen 211 Apotheker teil.

Über die Stiftung Gesundheit

Wissen ist die beste Medizin – angespornt von diesem Gedanken setzt sich die Stiftung Gesundheit seit mehr als 25 Jahren für Transparenz ein und bietet Verbrauchern praktische Orientierungshilfe. Neben ihren satzungsgemäßen Aufgaben führt die Stiftung kontinuierlich Studien durch. Als Basis für zahlreiche Services dient das Strukturverzeichnis der medizinischen Versorgung.

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