Dr. Amir Bidgelis Engagement im Kampf gegen Tuberkulose in Ostafrika

Mittels Künstlicher Intelligenz (KI) Frühzeichen der Tuberkulose erkennen: Der Chefarzt und Facharzt für Radiologie Dr. Amir Bigdeli aus München setzt sich ehrenamtlich für moderne Röntgenmedizin in Tansania ein. Sein ärztliches Engagement zeichnet die Stiftung Gesundheit mit dem Dr. Pro Bono-Siegel aus.

Radiologe Dr. Amir Bidgeli setzt sich als Dr. Pro Bono seit mehreren Jahren im ostafrikanischen Tansania ein.

Herr Dr. Bidgeli, warum und seit wann setzen Sie sich für das Gemeinwohl ein?

Seit 2018 kümmere ich mich ehrenamtlich um die Röntgenabteilung des St. Walburg´s Hospital in Nyangao. Es handelt sich dabei um ein 220 Betten Krankenhaus im tansanischen Busch, etwa 390 Kilometer südlich von Daressalam. Gegründet wurde es vor fast 80 Jahren als zunächst kleine Krankenstation durch Missionsbenediktinerinnen aus Tutzing.

Was tun Sie dabei genau? Erzählen Sie mehr zu Ihrem Projekt und zu der Organisation.

Als Facharzt für Radiologie wirke ich bei der Modernisierung der veralteten Röntgenabteilung des Krankenhauses mit. In Nyangao führt das Personal pro Monat etwas mehr als 700 Röntgenuntersuchungen durch. Das Röntgen stellt neben der Ultraschalluntersuchung die einzige diagnostische Bildgebung dar. Noch bis Anfang 2020 war dort ein knapp 50 Jahre altes, sehr defektanfälliges Röntgengerät im Einsatz, mit dem nicht mehr alle Untersuchungen adäquat durchzuführen waren. Zudem war der Strahlenschutz sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter nicht mehr gegeben.

Zusammen mit der Artemed Stiftung unter der Führung von Frau Dr. Veronika Hoffmann beschafften wir neue Strahlenschutzutensilien, renovierten die Abteilung und erwarben ein neues Röntgengerät. Dieses leistet nun schon seit Anfang 2022 seinen Dienst und bietet in Kombination mit einem nachgerüsteten, digitalen Bildempfänger qualitativ hochwertige Röntgenuntersuchung von kleinen und großen Patienten.

Um die Qualität der Röntgenaufnahmen zu erhöhen, erstellte eine meiner Röntgenassistentinnen ein Skript in englischer Sprache über die Einstelltechnik der häufigsten Röntgenuntersuchungen und begleitete mich, um die beiden tansanischen Röntgenassistenten in Nyangao zu schulen. Auch schulte ich die ärztlichen Kollegen vor Ort in der Ultraschalldiagnostik, da diese Untersuchungsmethode eine sehr gute und genaue Möglichkeit bietet.

Haben Sie dabei mit Hürden zu kämpfen? Was würde Ihnen die ehrenamtliche Arbeit erleichtern?

Ehrenamtliche Arbeit lebt von den Spenden der Menschen, ohne die vieles nicht zu realisieren ist. Wir leben in schwierigen Zeiten und viele Menschen sind in den letzten Jahren in finanzielle Not geraten. Meine Hoffnung ist es trotzdem, dass sich weiterhin genug Menschen finden, die bereit sind, auch kleinste Geldbeiträge zu spenden, damit Projekte wie unsere realisiert und fortgeführt werden können.

Was die Situation in den jeweiligen Ländern betrifft, in der Entwicklungshilfe geleistet wird, so wäre es wichtig, dass die lokale Politik die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer unterstützt und nicht durch strenge gesetzliche Auflagen erschwert.

Planen Sie in Zukunft noch andere ehrenamtliche Projekte?

Bevor ich mich anderen Projekten widmen kann, möchte ich in Nyangao noch eine wichtige Sache erledigen, die mir sehr am Herzen liegt. Aktuell verfügt das St. Walburg´s Krankenhaus zwar über eine modernisierte Röntgenabteilung, jedoch gibt es dort keinen Facharzt für Radiologie, der sich um die Befundung der Röntgenuntersuchungen kümmert. Diese schauen fachfremde Ärzte an, denen häufig die Erfahrung fehlt und die leider auch Dinge übersehen, wie ich bei meinen Besuchen feststellen musste.

Künstliche Intelligenz in der Radiologie ist heutzutage ein aller Munde, doch wo sie wirklich nützlich eingesetzt werden kann, sind Regionen, in denen der Röntgenfacharzt mehrere hundert Kilometer weiter entfernt ist, wie eben in Nyangao. Tansania gehört zu den 30 Ländern mit der weltweit höchsten Tuberkulosebelastung. Dank der Einführung wirksamer Medikamente, ist Tuberkulose heute eine sehr gut behandelbare Infektionskrankheit. Unbehandelt führt sie jedoch zu Organschäden und endet häufig tödlich.

Mir ist aufgefallen, dass bei vielen Patienten die Frühzeichen einer Tuberkuloseerkrankung nicht erkannt wurden. Die Erkrankten kommen häufig von weit entlegenen Dörfern und werden dann ohne eine Behandlung wieder zurückgeschickt. Die Frage ist, wie viele von ihnen nach Ausbruch der Erkrankung erneut den beschwerlichen Weg zum Krankenhaus auf sich nehmen können, um sich behandeln zu lassen.

Aus diesem Grund habe ich in den letzten Monaten unaufhörlich nach einem KI-Algorithmus für Lungenuntersuchungen gesucht, der auch Tuberkulose erkennen kann. Kein einfaches Unterfangen, da es auf der Welt nur einen einzigen KI-Hersteller gibt, der sich dieser Infektionskrankheit widmet. Wir haben bereits erste Gespräche geführt und ich hoffe sehr, dass wir noch bis Ende 2024 die Röntgenuntersuchungen der Lunge in Nyangao mithilfe der KI analysieren werden.

Wo besteht aus Ihrer Sicht noch Bedarf an ehrenamtlicher, ärztlicher Arbeit?

Internationale ehrenamtliche ärztliche Arbeit ist aus meiner Sicht extrem wichtig in entlegenen Orten der Welt, die geringen oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung haben. Jedoch sollte man nationale Probleme nicht außer Acht lassen, wie zum Beispiel die Versorgung der Menschen in ländlichen Gebieten, die zunehmend unter einem Arztmangel leiden. Wichtig ist auch die Versorgung von Obdachlosen und anderen benachteiligten Gruppen in der Gesellschaft.

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