Mediziner, die ihre Fachkunde im Ehrenamt einsetzen, um bedürftige Menschen zu unterstützen, zeichnet die Stiftung Gesundheit mit dem Dr. Pro Bono-Siegel aus. Zu ihnen gehört auch Prof. Dr. Tobias Renkawitz, der sich als Orthopäde und Unfallchirurg schon seit vielen Jahren ehrenamtlich in verschiedenen Projekten engagiert. Im Interview berichtet er von seinem aktuellen Projekt „Hygiene rettet Leben“ in Nepal.
Herr Prof. Dr. Renkawitz, seit wann sind Sie im Ehrenamt tätig?
Als Orthopäde und Unfallchirurg engagiere ich mich schon seit vielen Jahren ehrenamtlich in unterschiedlichen Projekten. Über die Auszeichnung mit dem „Stern des Sports“ für vorbildliches ehrenamtliches Engagement durch den Deutschen Olympischen Sportbund habe ich mich deshalb sehr gefreut. Hier engagiere ich mich ehrenamtlich für ein Präventionsprojekt, mit dem wir ernsthafte Verletzungen bei jungen Frauen und Männern im hochklassigen Amateurfußball vermeiden möchten.
Das weitere Projekt „Hygiene rettet Leben“ wird mich sicherlich auch noch die nächsten Jahre begleiten.
Wie setzen Sie sich in diesem Projekt für das Gemeinwohl ein?
In unserem aktuellen Projekt „Hygiene rettet Leben“ entwickeln wir aktuell zusammen mit unseren Partnern am Dhulikhel Hospital in Kathmandu ein spezielles Hygieneprogramm. Unser Ziel ist dabei klar: Zusammen wollen wir es schaffen, dass Menschen dort zukünftig nicht mehr an vermeidbaren Wundinfektionen nach Routine-Operationen sterben müssen.
In einigen Krankenhäusern Nepals beträgt die Infektionsrate nach einer Operation aktuell bis zu 23 Prozent. Gleichzeitig besteht aber auch in Nepal ein hoher Bedarf beispielweise an orthopädischen Operationsverfahren, wie etwa dem Einsetzen eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks. Das ist mein persönliches, operatives Spezialgebiet, und gerade bei diesen Eingriffen kann man durch spezielle Operationstechniken und ausgewählte Hygieneverfahren Infektionen wirksam verhindern.
Neben der Orthopädie beschäftigen wir uns aber natürlich auch mit allen anderen Disziplinen am Krankenhaus. Unsere Kooperation soll dabei die sprichwörtliche „Hilfe zur Selbsthilfe“ ermöglichen. Und mir ist es ein besonderes Anliegen, dass wir die zentralen Abläufe des Hygieneprogramms zusammen mit unseren nepalesischen Partnern gemeinsam entwickeln.
In unserem Konzept denken wir an die gesamte Versorgungskette bei einer Operation. Das geht von der Vorbereitung der Patienten über die hygienische Händedesinfektion und die eigentlichen Abläufe im Operationssaal selbst bis hin zum Vorgehen bei der postoperativen Wundpflege. Gleich zum Projektstart hatten wir deshalb nepalesische Hygienefachschwestern im Rahmen eines vierwöchigen Aufenthalts an der Universitätsklinik Regensburg ausgebildet. Schon heute geben sie als Multiplikatoren in Nepal ihr Wissen weiter. Das ganze Projekt wird auf deutscher Seite von einem großartigen Team am Universitätsklinikum Regensburg und dem Universitätsklinikum Heidelberg getragen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt das Konzept dabei im Rahmen des Programms „Internationale Klinikpartnerschaften“ finanziell. Auch dafür bin ich besonders dankbar.
Warum engagieren Sie sich in dieser Form?
Johannes Rau hat in seiner Zeit als Bundespräsident einmal gesagt, dass wir in unserer Gesellschaft die Rückbesinnung auf Werte brauchen. Und das Ehrenamt kann ein Ausdruck der Freiheit des Einzelnen und seiner Verantwortung für unsere Gesellschaft sein. Mit meinem Engagement versuche ich dieser besonderen Verantwortung, die ich als Arzt zweifelsohne habe, ein Stück weit gerecht werden. Dabei setze ich auf die Themen, für die ich als orthopädischer Knie- und Hüftspezialist, Sportmediziner und hygienebeauftragter Arzt die größte Expertise habe.
Planen Sie in Zukunft noch andere ehrenamtliche Projekte?
Das aktuelle Projekt „Hygiene rettet Leben“ am Dhulikhel Hospital in Kathmandu soll der Startschuss für eine landesweite Initiative in Nepal werden. Es wäre fantastisch, wenn wir durch unsere Leuchtturminitative auch anderen Kolleginnen und Kollegen einen Impuls geben könnten, sich ebenfalls für die Verringerung von Infektionsraten nach Operationen in Entwicklungsländern zu engagieren.
Wo besteht aus Ihrer Sicht noch Bedarf an ehrenamtlicher, ärztlicher Arbeit?
Ehrenamtliches ärztliches Engagement ist überall willkommen. Sei es im sportlichen, kulturellen oder karitativen Bereich, insbesondere aber auch im Bildungsbereich und in vielen Selbsthilfegruppen. Mich begeistert, wie viele ärztliche Kolleginnen und Kollegen in unserem Land sich heute dort engagieren. Mein Wunsch wäre, dass es zukünftig für ehrenamtliche ärztliche Arbeit auch eine rechtlich geregelte, versicherungstechnische Absicherung gäbe. Hier existiert noch ein Graubereich, der gerade jüngere Ärztinnen und Ärzte abschreckt.
Beitragsbild: Richie Chan | Adobe Stock