„Es geht darum, Leid durch eine Tumorerkrankung zu verhindern und Betroffenen individuell die bestmögliche Hilfe und Versorgung zu garantieren“, sagt Dr. Christoph Schmidt. Der Gastroenterologe setzt sich seit 13 Jahren für die Verbesserung der Vorsorge und der Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Darmkrebs, einer der häuftigsten Krebserkrankungen in Deutschland, ein. Dafür erhält er das Siegel Dr. Pro Bono.
Wie setzen Sie sich für das Gemeinwohl ein?
In meiner ehrenamtlichen Tätigkeit engagiere ich mich für die Versorgung von Darmkrebspatienten und die Verbesserung der Prüherkennung Darmkrebs. Die Versorgung von Darmkrebspatienten ist eine interdisziplinäre Aufgabe, die in vielen Fällen von Darmkrebszentren durchgeführt wird. Konkurrierende Zentren schränken die freie Arztwahl der Betroffenen ein und führen nicht zu einer flächendeckenden leitliniengerechten Versorgung.
Deshalb habe ich in der Region Bonn/Rhein-Sieg für eine Region mit ca. 1 Million Einwohner ein flächendeckend arbeitendes Netzwerk gegründet, in dem 100 Kooperationspartner aus dem klinischen und ambulanten Bereich qualitätsgesichert und leitliniengerecht zusammen arbeiten, um jedem Patienten eine optimale Behandlung und Versorgung in jedem Stadium seiner Erkrankung zu garantieren. Diesem zertifizierten Netzwerk gehören 10 Kiniken an. Es versorgt ca. 8000 Darmkrebspatienten nach den Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft. Ich bin ehrenamtlicher Leiter und verantwortlich für die Umsetzung des neu entwickelten Qualitätsmanagements. Die Qualität der Versorgung konnte dadurch nachhaltig in den letzten Jahren verbessert werden. Zur Arbeit dieses Netzwerks gehören auch öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Darmkrebsfrüherkennung.
Über den Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen engagiere ich mich ehrenamtlich in der Verbesserung der Darmkrebsvorsorge für Angehörige von Darmkrebspatienten, die bisher von allen Früherkennungsprogrammen trotz eines erhöhten Erkrankungsrisikos nicht erfasst werden. In der „Initiative Familiärer Darmkrebs“ habe ich eine Ausbildung für medizinische Fachangestellte entwickelt und in Schulungen bundesweit umgesetzt, um Familienangehörige von Darmkrebspatienten gezielt anzusprechen und über Vorsorgemöglichkeiten individuell aufzuklären.
Zusammen mit der Stiftung „LebensBlicke“ führe ich ehrenamtlich ein weiteres Projekt durch, in dem Medizinische Fachangestellte von Hausärzten fortgebildet werden, um im Rahmen der neuen Leitlinien zur Darmkrebsfrüherkennung Vorsorgeberechtigte zu beraten, zu informieren und Fragen zu beantworten. Hierfür wurde unter meiner Mitarbeit ein Ausbildungscurriculum und Ausbildungsmodule entwickelt, um Aufklärungsleistungen an fortgebildete Medizinische Fachangestellte zu delegieren und die Rolle von Hausärzten als Weichensteller der Vorsorge zu stärken.
Seit wann sind Sie ehrenamtlich tätig?
Ich bin seit 13 Jahren ehrenamtlich tätig und leite seit dieser Zeit das Integrative Darmzentrum Bonn/Rhein-Sieg. Die „Initiative Familiärer Darmkrebs“ leite ich seit 3 Jahren und seit mehr als 2 Jahren bin ich im Projekt MFA der Stiftung LebensBlicke aktiv.
Warum engagieren Sie sich in dieser Form?
Darmkrebs ist der zweithäufigste Tumor, der durch optimale Versorgung in vielen Fällen heilbar ist und durch Nutzung der Früherkennungsmöglichkeiten in einem hohen Anteil vermeidbar wäre. Es sind auf verschiedensten Ebenen verstärkte Anstrengungen notwendig, damit Menschen diese Vorsorgemöglichkeiten nutzen. Dies geschieht bisher nicht ausreichend (jährlich 26.000 Tote). Hier besteht dringender Handlungsbedarf und die Entwicklung neuer Wege der Versorgung und Früherkennung sind vielfach nur durch zusätzliches ehrenamtliches Engagement möglich. Neue Versorgungswege müssen gestaltet und erprobt werden, um dann Entscheidungsträger zu überzeugen und in der Regelversorgung übernommen zu werden. Es geht darum, Leid durch eine Tumorerkrankung zu verhindern und Betroffenen individuell die bestmögliche Hilfe und Versorgung zu garantieren.
Planen Sie in Zukunft noch andere ehrenamtliche Projekte?
Die Beratung von Familienangehörigen von Darmkrebspatienten zur Nutzung der Vorsorge muss evaluiert werden. Deshalb ist eine Evaluationsstudie in der Planung, die mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum durchgeführt werden soll. Auch diese Planungen und die Suche nach einer soliden Finanzierung sind nur ehrenamtlich möglich.
Wo besteht aus Ihrer Sicht noch Bedarf an ehrenamtlicher, ärztlicher Arbeit?
In der Medizin besteht an vielen Stellen Bedarf für ein ehrenamtliches Engagement. Insbesondere die Versorgung chronisch Kranker ist nicht zufriedenstellend, weil die Honorierungssysteme in Deutschland eine aufwandsgerechte Bezahlung nicht vorsehen. Hier ist eine optimale Versorgung der Betroffenen oft nur durch zusätzliche ehrenamtliche ärztliche Arbeit möglich.
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