Seit 2001 reist Dr. Birgit Schulz, Spazialistin für Schulterchirurgie und Athroskopie, regelmäßig nach Vietnam. Dort müssen Kliniken oft aus finanziellen Gründen mit rudimentärer Ausrüstung arbeiten. Auch Fachliteratur aus dem Ausland ist dort deswegen nur schwer erhältlich. Dr. Schulz bietet kostenfreie Vorträge und Workshops an. Zudem begrüßt sie Gastärzte in Deutschland, die ihre Erfahrungen und Kenntnisse wieder mit in den Vietnam nehmen. Dadruch möchte sie dabei helfen, die medizinische Versorgung in Vietnam zu verbessern. Für ihren Einsatz erhält sie von der Stiftung Gesundheit das Siegel Dr. Pro Bono.
Dr. Schulz, wie setzen Sie sich für das Gemeinwohl ein?
Meinen ersten ehrenamtlichen Einsatz hatte ich 2001 in Ho Chi Minh City, Vietnam. Dort nahm ich an einem kleinen Kongress in der Universitätsklinik Cho Rai über Kniegelenkschirurgie teil und hielt Vorträge über Kreuzbandersatz-Techniken mit Live-OP. Darüber hinaus habe ich während eines zehntägigen Aufenthaltes im Urlaub weitere Kniegelenk-Operationen durchgeführt.
Von 2002 bis 2007 war ich jedes Jahr für etwa zehn Tage in Ho Chi Minh City und habe dort unbezahlt Kreuzbandoperationen und Arthroskopien des Kniegelenkes durchgeführt. Zusätzlich haben wir in dieser Zeit das Instrumentarium der Klinik über Spenden von Privatleuten und Firmen aufgestockt, da sie bis dahin nur eine extrem einfache Ausstattung hatte.
Wie ging es dann weiter?
Seit 2008 habe ich die Leitung des Departments für Schulterchirurgie und Arthroskopie der chirurgischen Abteilung des Diakonie-Klinikums Bethesda in Freudenberg inne. Durch den Aufbau des Departments musste meine Arbeit im Vietnam pausieren.
2013 bin ich dann erneut in den Vietnam gereist. Seit dieser Zeit liegt der Schwerpunkt meiner Tätigkeit dort im Bereich der Schulterchirurgie sowie der Aus- und Weiterbildung der Kollegen vor Ort. In den folgenden Jahren habe ich in Ho Chi Minh City verschiedene Kongresse mit Vorträgen, Workshops und Wetlabs (Laborexperimente) organisiert und druchgefüphrt. Zuletzt war ich 2019 dort für einen Kongress zu Meniskuschirurgie.
Gab es einen Austausch mit den Ärzten in Vietnam?
Ja. Sowohl im Sankt Josef-Hospital in Bonn als auch nach meinem Wechsel zum Diakonie-Klinikum Bethesda Freudenberg haben wir Gastärzte nach Deutschland geladen. Unterkunft und Verpflegung hat die Klinik gestellt. Bei allen weiteren Ausgaben (Transport oder Freizeitaktivitäten) habe ich die Gastärzte aus eigener Tasche unterstützt.
Wärend ihres Aufenthaltes bei mir, nehmen die Gästärzte an den Operationen teil. Wir besprechen gemeinsam präoperativ ausführlich den Fall und erstellen Behandlungs- und Nachbehandlungspläne. Die Gastärzte sind auch bei den ambulanten Sprechstunden und Visiten anwesend.
Zum Üben stellen wir ein Schultermodell und eine Triangulationsbox bereit. Auch Literatur zum Selbststudium stelle ich zur Verfügung. Diese ist im Vietnam nicht ohne weiteres zu erhalten, internationale Literatur ist schlichtweg zu teuer. Mindestens jeweils einen Tag verbringen die Kollegen in einer Rehaklinik, in einer orthopädischen Praxis und bei einem Orthopädiemechaniker. Und nicht zuletzt lernen sie die europäische und deutsche Kultur kennen. Es ist ja für (fast) alle die erste Reise außerhalb Asiens, oft die erste Auslandsreise überhaupt.
Bei meinen jährlich stattfindenden Aufenthalten im Vietnam treffe ich alle Gastärzte wieder. Manche „sammeln“ bis dahin schwierige OPs, damit ich ihnen dabei helfen kann.
Wie geht das Projekt in Zukunft weiter?
Im Januar 2020 haben wir erstmals eine Fortbildung zur Schulterarthroskopie in Can Tho (im Mekongdelta) durchgeführt und waren dort unterstützend tätig. Damit fand das erste Mal eine Fortbildung zu diesem Thema in einem Provinzkrankenhaus statt.
Auch im März 2020 kommen wieder zwei junge Gastärzte für drei Monate in meine Abteilung.
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